65 Jahre Kriegsende – und dann?
Sonntag, 09. Mai 2010

Wie Wehrmachtsgrößen Nachkriegsgeschichte schrieben – auch im Regierungsbunker

8. Mai 1945. Um 23.01 Uhr ist der 2. Weltkrieg zu Ende, kapitulieren die Deutschen bedingungslos. Millionenfachem Tod und Zerstörung folgt der Wiederaufbau – und der Kalte Krieg, in den sich namhafte Wehrmachtsgrößen einbringen. Das Bild stammt aus der Sammlung der THW-Bundesschule in Marienthal, in der man sich ab 1953 auf die Zerstörungen des 3. Weltkrieges vorbereitet.

8. Mai 1945, 23.01 Uhr: Die bedingungslose Kapitulation Deutschlands tritt in Kraft. Der 2. Weltkrieg ist zu Ende. Doch während sich die meisten Wehrmachtssoldaten ergeben, steigt in Stendal der letzte Befehlshaber der 9. Armee, Theodor Busse, auf ein ausrangiertes Fahrrad des Arbeitsdienstes und tritt, als General nicht mehr zu erkennen, eine eigenwillige Fahrradtour quer durch Deutschland an. Busse strampelt sich ab - und wird es über 500 Kilometer nicht nur nach Hause schaffen, sondern auch nach ganz oben im Apparat der deutschen Nachkriegspolitik, der durchsetzt ist von Wehrmachtsgrößen. Wie es nach dem 8. Mai 1945 für die Befehlshaber weiterging - eine Einzelaufnahme für den Fall Theodor Busse, der auch für andere steht.

Wenige Tage vor dem Ende des 2. Weltkrieges schreibt Busse als Wehrmachtsgeneral in den Gefechten um die Seelower Höhen und die Kesselschlacht um Halbe Geschichte. Militärstrategisch geschickt, befreit er sich aus der Umklammerung der Sowjetarmee, die den südöstlich von Berlin liegenden Ort Halbe eingeschlossen hat. Anschließend übergibt er die Reste seiner 9. Armee dem Oberbefehlshaber der 12. Armee, Walter Wenck. Doch während der im Rathaus von Stendal die Kapitulationsurkunde am Tisch der Amerikaner unterschreibt, arbeitet Busse mit seinem Fahrrad längst am nächsten strategischen Meisterstück.

Theodor Busse, bis Kriegsende General der Infanterie und Befehlshaber der 9. Armee, nach der deutschen Kapitulation Fahrradfahrer und auf dem Weg nach Hause.
Theodor Busse, bis Kriegsende General der Infanterie und Befehlshaber der 9. Armee, nach der deutschen Kapitulation Fahrradfahrer und auf dem Weg nach Hause.

Der Chef der 9. Armee schafft den Weg quer durch das von alliierten besetzte Deutschland – trotz intensiver Fahndung der Siegermächte nach ihm – und erreicht nach mehr als 500 Fahrrad-Kilometern von Berlin den zwischen Nürnberg und Ulm liegenden Heimatort Wallerstein.

Frühsommer 1945. Annemarie Busse spielt vor dem Haus in Wallerstein, als ein Radfahrer auf sie zukommt. Der Großvater hackt Holz. Erst als der Mann vor ihr vom Rad absteigt, erkennt sie ihn. Abgemagert und in Kleidung, die sie an ihm nicht kannte. Vater lebt! Was für eine Freude. Doch Vater sagt nur: „Halt´n Mund und komm ins Haus!“ Opa ist geistesgegenwärtiger. Und hackt einfach weiter an seinem Holz.

Mehr als 500 Kilometer vom Kriegshauptschauplatz Berlin liegt der Wohnsitz der Familie Busse im malerischen Wallerstein, zu dem sich Stratege Busse durcharbeitet.
Mehr als 500 Kilometer vom Kriegshauptschauplatz Berlin liegt der Wohnsitz der Familie Busse im malerischen Wallerstein, zu dem sich Stratege Busse durcharbeitet.

Stratege Busse hat sich durchgeradelt und erreicht nach Wochen den Wohnsitz in Wallerstein, der seit 250 Jahren der Familie mütterlicherseits gehört.

Damit nicht sofort der ganze Ort weiß, wer da Heim gekommen ist, verbietet er Tochter Annemarie, 16 Jahre alt, die große Wiedersehensfeier vor der Tür. Drinnen darf sie sich freuen – und mit ihr weitere Bewohner. Durch die Wohnstube hüpfen nicht nur Busses drei Kinder, auch die von Hitlers Chefadjutant Wilhelm Burgdorf samt Mutter – eine Tante von Annemarie - freuen sich über den Heimkehrer.

Busses späte Kapitulation

Wer Fragen zum Radfahrer im Dorf stellt, erfährt, dass ein Vetter auf Besuch ist. Lange geht das nicht gut, denn die Amerikaner zählten auch vorher schon zu den regelmäßigen Gästen am Haus 221b in Wallerstein. Im Sommer fahren sie dann mit einem Mann mehr ab, als sie gekommen sind. Die alliierte Erfolgsstatistik weist den Oberbefehlshaber der 9. Armee als „festgesetzt“ aus.

Nördlingen, Neu-Ulm, Nürnberg, Garmisch-Partenkirchen, so lauten dann bis 1947 die postalischen Anschriften Busses – allesamt Untersuchungsanstalten.

Der Nachlass Theodor Busses (im Bild ein Brief aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft an seine Frau Camilla aus dem Privatbesitz der Familie) liegt heute im Institut für Zeitgeschichte, München, und gibt tiefe Einblicke in den Aufbau eines Netzwerkes unter ehemaligen Wehrmachtsgrößen, die bald wieder an entscheidenden Stellen der Bundesrepublik wirkten.

Mitte Mai 1946 schreibt Theodor Busse Ehefrau Camilla aus Nürnberg, dass er am 12. des Monats dorthin „verbracht wurde“. Verbracht auf Wunsch seines alten Vorgesetzten der Heeresgruppe Süd, Erich von Manstein. Unter ihm war er Chef des Stabes, bevor Hitler von Manstein aussortierte und Busse schließlich der Oberbefehl für eine eigene Armee übertragen wurde.

In Nürnberg soll sich Busse auf Mansteins Wunsch „unter nicht einfachen Bedingungen, aber mit vielen meiner Kameraden“ auf eine ganz spezielle Mission vorbereiten: Busse sagt als Zeuge in den Nürnberger Prozessen aus. Die Konstellation ist eindeutig, die Rechtslage auch: Es gibt Sieger und Verlierer, und letztere haben sich einiges zu Schulden kommen lassen. Doppelte Niederlage, denn nun muss man über unliebsame Details des verlorenen 2. Weltkrieges auch noch Rechenschaft ablegen. Damit alle Welt im Bilde ist, haben die Alliierten, vorneweg die US-Amerikaner, für die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse technisch aufgerüstet. Modernste Kommunikationstechnik bringt die Informationen zu deutschen Verbrechen auf direktem Weg über Radio nach Kansas, New York oder Chicago. Oder nach Berlin. Für den „Berliner Rundfunk“ berichtet ein 23-Jähriger. Er kann sich freuen und stolz auf seinen Platz auf der Pressetribüne sein, denn Deutsche sind kaum unter der zugelassenen Presseschar. Sein Name: Markus Wolf.

Es wird nicht die letzte Runde sein, in der Busse und der spätere DDR-Chefspion Wolf in den Ring steigen. Spätestens beim Bau des bundesdeutschen Regierungsbunker stehen sich beide sehr interessiert um diese Unterwelt gegenüber.

Netzwerker Busse

Netzwerker Busse – hier rechts bei einem Treffen in den 60er Jahren mit Erich von Manstein (Mitte) und Walter Wenck, dem er einst am Ende des 2. Weltkrieges die Reste seiner 9. Armee übergab. Busse pflegt seine militärischen Verbindungen aus der Vergangenheit und baut kontinuierlich neue Allianzen auf.

Theodor Busse verlässt Nürnberg Mitte August 1946 – und wandert weiter auf seiner unfreiwilligen Anstaltstour nach Garmisch-Partenkirchen. Doch er, der Taktiker, baut Allianzen und Netzwerke auf. Über die Mitgefangenen hinaus wie auch über ganz unorthodoxe Wege innerhalb der Einrichtungen: Er wendet sich an die Anstaltspfarrer und findet in der Kirche einen treuen Mitkämpfer, der sich langfristig mit ihm für die Freilassung inhaftierter deutscher Soldaten einsetzt.

Diesen Freiheitskampf führt der ehemalige General auch nach der eigenen Freilassung ab 1947 mit großem Einsatz fort. Und nutzt dabei in erster Linie seine Kontakte zu ehemaligen militärischen Mitstreitern. Diese streng hierarchisch aufgebaute Struktur funktioniert noch immer und bietet mannigfaltige Möglichkeiten.

Stratege Busse baut eine neue Großoffensive auf; diese nun mit Schreibmaschine und Papier. Im Wallersteiner Wohnhaus steht mitten im größten Raum des Hauses ein großer, grüner Tisch. Hier entstehen umfangreiche Korrespondenzen, die Busse mit zwei Fingern selber zu Papier bringt. Manchmal übernimmt Ehefrau Camilla diese Aufgabe, doch auch der ungeübte General bedient nach einiger Zeit die nicht ganz makellos funktionierende Schreibmaschine fast fehlerfrei. Sein Ziel: Als Assistent der Verteidigung will er im letzten Nürnberger Prozess Nummer 12 deutsche Generale vor der Verurteilung und anschließender Haftstrafe bewahren. Busse plant eine strategische Vorgehensweise gegen die nach seinem Geschmack immer gleichlautenden Anklageschriften der Alliierten und zieht seine Kräfte um sich zusammen, weitet sein Netz aus – erstmals auch hinein in die Politik. Damit signalisiert er auch, dass er nicht, wie andere, den Kopf in den Sand steckt, sondern aktiv das mitgestaltet, was ihm wichtig ist.

Privatmensch Busse sorgt als Vertreter einer Schokoladenfabrik dafür, dass die Familie über die Runden kommt. Die Kinder, Annemarie als älteste und ihre Brüder Fritz und Joachim, leben nicht schlecht, wenn auch nicht so, wie es einmal war. Doch Vater Theodor müht sich redlich an allen Fronten, niemanden zu enttäuschen.

23. Mai 1949. Der Parlamentarische Rat verkündet das deutsche Grundgesetz. Es ist der Gründungstag der Bundesrepublik Deutschland.

In Busses Überlegungen spielt das keine Rolle. Für ihn ist es eher rätselhaft, wie sich eine Demokratie etablieren will und dabei von einer Anerkennung durch das Volk ausgeht, während Teile dieses Volkes, die unter Eid der letzten Regierung Treue schworen, nun dafür in deutschen Gefängnissen sitzt. Insofern kümmert sich Busse, wie an jedem anderen Tag, um den Fall seines inzwischen ebenfalls angeklagten und festgenommenen Freund Erich von Manstein (am 23. August 1949 beginnt im Hamburger Curiohaus der letzte alliierte Kriegsverbrecherprozess gegen Erich von Manstein, an dessen Ende er zu 18 Jahren Haft verurteilt wird, 1953 aber vorzeitig entlassen wird) und die Entlastung der im Fall 12 in Nürnberg Verhafteten. Das beschert ihm einen Brief des Vorsitzenden des Wirtschaftspolitischen Ausschusses der CDU in der britischen Zone, geschrieben am 15. August 1949. Verfasser ist Franz Etzel. Der Politiker steht am Anfang seiner Kariere und ist von 1957 bis 1961 Bundesminister der Finanzen – eine Aufgabe, die ihn mit dem ehemaligen Wehrmachtsgeneral Busse beim Bau des finanzintensiven Regierungsbunkers wieder zusammen bringen wird.

14. August 1949. In Westdeutschland finden die Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag statt. Die SPD erhält die meisten auf eine Partei abgegeben Stimmen mit 29 Prozent. CDU und CSU schaffen gemeinsam mehr. 31 Prozent reichen für den Sieg. Bereits einen Tag später wird Konrad Hermann Joseph Adenauer, 73-jährig, durch den Deutschen Bundestag mit einer Stimme Mehrheit zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt und führt eine Regierung aus Christlich Demokratischer Union, Christlich Sozialer Union, Freier Demokratischer Partei und Deutscher Partei.

7. Oktober 1949. In Ostberlin wird die Deutsche Demokratische Republik gegründet.

Busses Aufstieg

Busses Aufstieg in die Politik der jungen Bundesrepublik beginnt 1950. Eingeladen in die Bundeshauptstadt Bonn, trifft er sich u.a. mit Bundesinnenminister Robert Lehr. Jahre später nimmt er sogar an Sitzungen der NATO im Hauptquartier Shape teil (im Bild vordere Reihe 3.v.r.).

Bonn, 9. September 1950. Im Innenministerium wird ein Brief an Theodor Busse verfasst. Acht Zeilen lang, mit der Zusage schließend, dass „selbstverständlich die Reiseauslagen ersetzt werden“. Der Inhalt: Es geht um die Neuorganisation der Polizei. „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich möglichst bald in Bonn aufsuchen wollten. Es gilt, einige Fragen zu besprechen, für die uns Ihr Urteil von großem Wert sein wird. (...) Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich Ihr sehr ergebener Egidi.“ (Quelle: Nachlass T. Busse, Institut für Zeitgeschichte München, ED 413 / Band 16) Hans Egidi ist Leiter der Abteilung I und zuständig für „Verfassung, Verwaltung und öffentliche Sicherheit“ im Bundesinnenministerium.

Die Tür Richtung politischer Führung des Landes steht für Theodor Busse offen.

Und Busse tritt ein. Wenig später trifft er sich im Bundesinnenministerium mit  Ministerialdirektor Hans Egidi, Minister Dr. Robert Lehr wie auch mit Staatssekretär Hans Ritter von Lex.

Und noch ein General, der bereits auf eine steile Nachkriegs-Karriere an prädestinierter Stelle zurückschauen kann, wird nur Tage später von Busse angefunkt: Reinhard Gehlen. Der baut in Pullach einen Nachrichtendienst auf, der zu dieser Zeit noch seinen Namen trägt. Die „Organisation Gehlen“ arbeitet in einer Doppelfunktion unter Organisation der CIA: Einmal für den deutschen Staat wie auch für den amerikanischen Geheimdienst. Der Name wird sich später in Bundesnachrichtendienst ändern.

Wehrmachtsgeneral a.D. Busse hält längst viele Fäden in der Hand und bedient ein gut funktionierendes Netzwerk um sich herum. Und er hat Einfluss. So stößt er im Bundesinnenministerium eine interne Untersuchung gegen den gerade gewählten Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Otto John, an. Lange, bevor dieser auf ungeklärte Weise hinter dem Eisernen Vorhang in Ostberlin verschwindet und einen handfesten Skandal auslöst. Fakt ist: Im Frühjahr 1951 ermittelt das Bundesinnenministerium heimlich und hinter den Kulissen gegen den Präsidenten des Verfassungsschutzes. Ein Vorgang, der auf Busses Initiative zurückzuführen – und bis heute völlig unbekannt ist. (Quelle: Nachlass T. Busse, Institut für Zeitgeschichte München, ED 413 / Band 5)

Erstkontakt mit Adenauer

7. Juni 1952. Theodor Busse soll für das Bundesministerium des Innern ein Gutachten erstellen. Welches, weiß er noch nicht. Erst im Ministerium soll er Näheres erfahren. Doch seine Bonner Termine kommen durch die 221. und 222. Sitzung des Deutschen Bundestages ins Stocken. Einige, mit denen er reden will, hören nun im Hohen Haus anderen zu. So dem Bundeskanzler. Ausgerechnet an diesem Tag spricht Adenauer über eine gesetzliche Regelung im Notstandsfall und die Sicherung der alliierten Truppen in der Bundesrepublik. „Die Drei Mächte haben in einem solchen Fall nur dann die Möglichkeit Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Ordnung aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen und die Sicherheit Ihrer Streitkräfte zu gewährleisten, wenn die Bundesrepublik und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft außerstande sind, der Lage Herr zu werden“.

Theodor Busse wird wenige Tage später seinem Freund Erich von Manstein ins Werler Gefängnis schreiben, dass er sich Teile der Debatte zu Gemüte geführt hat, in der es um eine deutsche Ordnung im Kriegs- und Krisenfall ging. Er kann zu dieser Zeit nicht ahnen, dass er es sein wird, der all das Jahrzehntelang entscheidend mitformen wird. Er hat keine Ahnung davon, dass er bald Adenauer persönlich gegenüber stehen wird und ihn auf dem Laufenden hält, was Deutschland unternehmen wird, „um der Lage Herr zu sein“. Seine Einladung ins Bonner Innenministerium, die ihm Inhalte des geheimen Gutachtens vermitteln sollte, hatte genau diese Fragen zum Inhalt. Wochen später ist Busse informiert und bearbeitet über ein Jahrzehnt entscheidend die geheime Notstandsplanung der Regierung.   

Von Harnekop nach Marienthal

Lagebesprechung in Schloss Harnekop bei Berlin: Busse (rechts) trägt Hitler vor. Es vergeht nicht einmal ein Jahrzehnt, da ist Busse für die Sicherheit von Bundeskanzler Adenauer im nächsten Weltkrieg zuständig und plant ihm u.a. einen Atomschutzbunker. Ironie der Geschichte: In Harnekop, wo Hitler und Busse letztmalig zusammen kommen, baut die DDR-Militärführung später ihren Atombunker.

Nach der letzten Lagebesprechung bei Adolf Hitler am 3. März 1945 auf Schloss Harnekop bei Berlin dauert es keine 10 Jahre, bis Theodor Busse den Bundeskanzler darüber informiert, wohin die Regierung im Kriegsfall evakuiert wird. Busse wirkt im Bundesinnenministerium bei der Erarbeitung der Notstandsgesetze mit, entwirft wichtige Eckpunkte bei der Zusammenarbeit im militärisch-zivilen Bereich für den Kriegs-und Krisenfall. Und er legt mit seiner Arbeit im Bundesinnenministerium die Grundlage für den Bau des Regierungsbunkers im Ahrtal. Noch vor dessen Fertigstellung im Ostteil geht der General in Pension. Sein Beratervertrag mit dem BMI läuft aus. Und doch wird er auf persönlichen Wunsch des Bundesinnenministers kurze Zeit später für eine Funktion an entscheidender Stelle "reaktiviert": Bei der ersten NATO-Übung "Fallex 66" im Regierungsbunker 1966 übernimmt er die Gesamtleitung auf deutscher Seite.

Kurz zuvor wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern ausgezeichnet. Seine erste Auszeichnung nahm er mit dem Eisernen Kreuz über ein halbes Jahrhundert zuvor im Ersten Weltkrieg entgegen. Theodor Busse starb am 21. Oktober 1986 88-jährig.

Seine Tochter Annemarie Busse unterstützt seit Jahren die Kriegsgräberstätte der bei der Kesselschlacht um Halbe Getöteten. Auch in die Aufarbeitung der Rolle ihres Vaters bei Planung und Bau des Regierungsbunkers hat sie sich eingebracht.

Unterirdische Planungsspiele im Regierungsbunker (mit Magnettäfelchen im militärischen Lagezentrum): Zwanzig Jahre nach Kriegsende führt man von hier wieder – übungshalber - eine Invasion Richtung Osten, sollen auch deutsche Truppen vor Moskau stehen.

Busses Arbeit im Bundesinnenministerium steht für die Anfangsjahre des Kalten Krieges, in dem insbesondere die Erfahrungen des 2. Weltkrieges in den Planungen für den 3. Weltkrieg herangezogen wurden. Das atomar geprägte Machtverhältnis der Blöcke verschob bald diese Planungen und schuf eine neue Phase. Was aber blieb, war der Atomschutzbunker der Bundesregierung im Ahrtal, der erst acht Jahre nach Ende des Kalten Krieges im Dezember 1997 durch die längst einheitsdeutsche Regierung aufgegeben wurde. Damit ist dieser Bunker über seine Planer und Übungsteilnehmer auch der lange Schatten des 2. Weltkrieges – selbst heute noch, 65 Jahre nach Kriegsende und nun für die Besucher der Dokumentationsstätte Regierungsbunker.

Mit der Broschüre „50 Jahre Baubeginn“ gibt die Dokumentationsstätte Regierungsbunker, Bad Neuenahr-Ahrweiler, im November 2009 ein halbes Jahrhundert nach dem Startschuss zum Bau des Regierungsbunkers eine Publikation heraus, die beschreibt, unter welchen zeitgeschichtlichen Voraussetzungen die Realisierung des Superbunkers zwischen Dernau und Ahrweiler möglich war. Dabei geht es auch um eine Einschätzung der politischen Lage in Deutschland vor 50 Jahren. Bei der spielt das Lebensgefühl der deutschen „Normalbevölkerung“ eine Rolle wie auch die politischen Netzwerke im Hintergrund der Bonner Republik. Die Publikation der Dokumentationsstätte geht auch auf den konkreten Einfluss Busses als Leiter des Organisationsstabes im Bundesinnenministerium ein, der sich in der Erscheinungsform des Regierungsbunkers und den Übungen darin wiederspiegelt.
Die Broschüre ist in Eigenproduktion der Dokumentationsstätte entstanden und reflektiert damit auch die Möglichkeiten und den Willen des Museumsbetreibers zur Aufarbeitung der Bunkerhistorie.

Verfasser: Dokumentationsstätte Regierungsbunker

  • 1. Auflage 2009
  • 32 S., 148 x 210 mm
  • 50 zumeist farbige Bilder und Dokumente
  • Preis 5 Euro (plus 2 Euro Versand)

Bestellen können Sie die Broschüre hier: www.bunker-doku.de/bunker-dokumentationsstaetten/50-jahre-baubeginn.html