Buchtipp: „Freundwärts – Feindwärts“
Dienstag, 06. Dezember 2011

Kalter Krieg: Dokumentation zur deutsch-deutschen Grenzübergangsstelle Drewitz-Dreilinden

Die größte Grenzübergangsstelle der DDR in Drewitz (Foto um 1987), von der nichts bis auf den Kontrollturm (im Bildhintergrund) geblieben ist.

„Freundwärts - Feindwärts“ – unter diesem Titel berichtete eine Dauerausstellung im ehemaligen Kontrollturm an der Grenzübergangsstelle Drewitz-Dreilinden über das Besondere wie auch Alltägliche an der hoch gesicherten Staatsgrenze zwischen West-Berlin und der DDR. Initiator der Ausstellung ist der Verein „Checkpoint Bravo e.V.“, der nun ein Buch zum Thema herausgegeben hat: Auf 88 Seiten wird die Geschichte der größten Grenzübergangsstelle auf dem Gebiet der DDR beschrieben. Zugleich ist eine beeindruckende Dokumentation über einen besonderen Aspekt des Kalten Krieges entstanden.

„Freundwärts“ – so beschrieb der Sprachgebrauch der DDR-Grenztruppen das eigene Territorium vor den Grenzsicherungsanlagen. Entsprechend lag „Feindwärts“ dort, wo sich das Gebiet der Bundesrepublik oder West-Berlins anschloss. Für den „Checkpoint Bravo“, im Süden Berlins an der Autobahnverbindung zwischen AVUS (West-Berlin) und Berliner Außenring (DDR) gelegen, ergab sich dabei eine besondere Situation. Denn der alliierte Kontrollpunkt lag als Insellösung an einem Autobahnabschnitt, dem sich beiderseits DDR-Gebiet anschloss. Im Reise-Alltag hieß das: Vom ostdeutschen Staatsgebiet ging es für 200 Meter durch West-Berlin (Albrechts Teerofen, Ortsteil Berlin-Wannsee), dann wieder über DDR-Hoheit bis zum West-Berliner Übergang Dreilinden.

Bis 1969 lag der Checkpoint Bravo an einem Autobahnabschnitt an „Albrechts Teerofen“ und war damit umzingelt von DDR-Territorium – im Bild Gebäude der DDR-Grenzkontrolle (Foto-Quellen: „Freundwärts- Feindwärts“)

„Feindwärts, Freundwärts, Feindwärts“ – das war dem Grenzregime der Deutschen Demokratischen Republik dann doch etwas zu unübersichtlich und nicht zuletzt der improvisierte Ausbau der DDR-Grenzkontrollen um den US-Checkpoint Bravo ein Grund, die Autobahn (heute A 115) samt Grenzübergangsstelle zu verlegen. Auch diese Geschichte erzählen Buch-Herausgeber Dr. Peter Boeger (Vorsitzender „Checkpoint Bravo e.V.) und Lydia Dollmann, die auf politische Zusammenhänge der Weltpolitik nach 1945 eingehen, die sich auch in der Sektorenaufteilung von Berlin mit all ihren Problemen wiederspiegelt. Mit der „Sicherung der DDR-Staatsgrenze“ am 13. August 1961 werden auch die Anlagen um den Checkpoint Bravo ausgebaut. Schließlich zieht der alliierte Kontrollpunkt sogar nach Dreilinden um, da die DDR die Trassenführung der Autobahn ändert und den Bereich um Albrechts Teerofen isoliert links liegen lässt. Zeitgleich wird die neue Grenzübergangsstelle Drewitz eröffnet (1969), die mit 55,5 Mio. Mark veranschlagt die größte ihrer Art in der DDR ist.

Blick hinter die Kulissen der Grenzorganisation

Fluchtversuche und deren gewaltsame Bekämpfung werden in „Freundwärts - Feindwärts“ genauso aufgearbeitet, wie die technische Aufrüstung der Grenzanlagen. Das DDR-Regime setzt eine organisatorisch perfekte Sperranlage der Kreativität, dem Mut und Freiheitswillen der Flüchtlinge entgegen – auch das wird in Text, 120 (teils farbigen) Fotografien und Dokumenten dargestellt. Und selbst dann, wenn eine Flucht gelungen war, musste das nicht unbekümmerte Sicherheit im Westen bedeuten. Denn in besonderen Fällen entwarf die DDR-Führung Pläne „operativer Maßnahmen zur Liquidierung“ ihrer ehemaligen Bürger, die nun „feindwärts“ des Eisernen Vorhanges lebten.

Was Boeger und Dollmann um den „Checkpoint Bravo“ zusammengetragen haben, ist eine kurzweilige, umfangreiche und lesenswerte Zeitreise durch einen besonderen Bereich deutsch-deutscher Geschichte, die weit hinter die Kulissen der einst uneinsehbaren Grenzorganisation blicken lässt.

Mehr Infos und Bestellmöglichkeiten zu „Freundwärts - Feindwärts“ über die  Geschäftsstelle Checkpoint Bravo, Tel. 033203/ 70768, E-Mail Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können Mehr Informationen zum Verein „Checkpoint Bravo e.V.“ gibt es im Internet, www.checkpoint-bravo.de