Kamera Feuer frei!
Sonntag, 27. November 2005

Dreharbeiten zur Film-Doku mit Bunker-Premiere fortgesetzt

Foto: Staatslimousine als Filmstar. 1966, in dem Jahr als im Regierungsbunker die erste Militärübung stattfand, wurde dieser Mercedes S 600 Pullmann gebaut. Im Film steht er für die Frage: Hatte wirklich keinBundeskanzler je den Bunker betreten?

Die bisher umfangreichsten Filmaufnahmen "am Stück" für den 2. Teil der Dokumentation über den Ausweichsitz sind nach zwei Tagen im Kasten. Über 14 Kilometer ging es für die TV-Crew und die 120 Kilogramm schwere Ausrüstung durch den Bunker, zum Teil auf dem Wasser.

Eine "Bunker-Premiere" gab es im Bauwerk 49 (Bauteil 4, West/Mitte): Zum ersten mal überhaupt war ein Boot in dem Tunnelsystem unterwegs. Im ehemaligen Küchenbereich dieses Bauteils steht das Wasser im November 2005 fast einen Meter hoch. Eingenommen werden vom Eifelwasser insbesondere die südlich vom Haupttunnel abgehenden Bauwerke im westlichen Bunkerteil, denn auch im Zugang zum Notausgang Bauwerk 232 heißt es längst "Land unter". Wer hier zu Wasser und anschließend zu Fuß unterwegs ist, gelangt schließlich über das Bauwerk 410 wieder ans Tageslicht - ein Teil des Bunkers, der pikanterweise neben einem Kinderspielplatz endete. Eine Tatsache, die bereits in den 60iger Jahren für Turbulenzen sorgte, denn spätestens mit einem Bericht im "Spiegel" stand die Anlage nicht zuletzt wegen der "Spielplatz-Bilder" in einem zweifelhaften Ruf.

Die Bilder zu dem Beitrag lieferte "anonym" Josef-Heinrich "Jupp" Darchinger. Ein Profi nicht nur im Umgang mit der Kamera, sondern auch mit Politikern. Alles, was national und international Rang und Namen hatte, stand irgendwann vor seiner Kamera. Selbst der Papst gehörte dazu - ein Fototermin, der dem 80-Jährigen nicht zuletzt wegen der Sicherheitsauflagen in Erinnerung geblieben ist, denn eigentlich durfte der heilige Vater niemals allein mit einer "fremden" Person in einem Raum bleiben. Darchinger "bat" sie alle hinaus und bekam seine Bilder. Erinnerungen, über die der Bonner am 2. Drehtag für die Filmdokumentation im Vorfeld "seines" Interviews im Bunker plauderte. Nach einem Rundgang durch den künftigen Museumsteil wechselte Jupp Darchinger die Rolle und stand vor einer Kamera. Themen waren nicht nur seine berufliche Verbindung zu der Anlage, sondern auch persönliche Gedanken zu dem Schutzbau, "den ich, selbst wenn ich gedurft hätte, im Ernstfall niemals hätte betreten wollen."

Staunende Blicke erntete schließlich der letzte Gast am Eingangsbereich Ost/Ost: Der Koblenzer Sattlermeister a.D. Walter Kneip fuhr zu den Dreharbeiten standesgemäß mit einer Pullmann-Limousine S 600 vor - Hobby und Leidenschaft des Rentners, das er als Handwerker hegt und pflegt.

Die Anfahrt der Staatskarosse, die in dem Jahr gebaut wurde, als sich die Bonner Polit-Prominenz zum ersten Mal mit ihrem Fuhrpark auf den Weg in den eigenen Bunker machte, wird im Film bildlich für die Frage stehen, ob die deutschen Bundeskanzler tatsächlich so wenig von ihrer Unterkunft im 3. Weltkrieg wissen wollten und wussten, wie von offizieller Seite immer verkündet wurde. Angeblich hat nie ein Kanzler oder Bundespräsident den Bunker betreten. Fest steht aber heute: Einige kannten den Bau nicht nur von Außen.

Fehlte für das Bildmotiv "Bunker, Soldat, Mercedes" von 1966 (aufgenommen am Ende der ersten FALLEX-Übung) nur noch der "Soldat" - einen Part, den Kameramann Pascal mit standesgemäßer Bekleidung übernahm. Sein Einsatz mit der Kamera an gleicher Stelle steht fast 40 Jahre später für eine Aufgabe, die damals undenkbar war: es geht nicht um Abschottung, sondern um Transparenz um die Geschichte(n) eines Baus, der vor der Öffentlichkeit fern gehalten wurde.

Mehr Fotos zu den Dreharbeiten Ende November 2005 gibt es in wenigen Tagen.

Die Struktur des Internetauftrittes "ausweichsitz.de" wird in Kürze um den Punkt "Bunkergeschichte(n)" ergänzt. Inhalte sind dann Fakten und Berichte aus der Bauzeit, die mit der Planung 1959 beginnt.