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50 Jahre: Deutsche Bunkerbau-Elite in Ahrweiler PDF Drucken E-Mail
Sonntag, 08. November 2009

Ein viertel Jahrtausend Bunkererfahrung traf sich zur 50. Jahrfeier am 8.11.2009

Die Bunkerbauer von damals mit ihren Familien sind heute gefragte Zeitzeugen in der Dokumentationsstätte Regierungsbunker.

Vor 50 Jahren konzentrierte der Bund den deutschen Bunkersachverstand in Marienthal: Experten für Betonbau, Tore, Türen, Belüftungssysteme oder Bergbau wurden aus allen Teilen der Bundesrepublik an der Ahr zusammen gezogen, um hier die Baumaßnahme Regierungsbunker vorzubereiten und umzusetzen. Mitarbeiter von damals trafen sich am 8. November 2009, genau 50 Jahre nach Beginn der Baumaßnahme (Trümmerräumung und Tunnelsanierung ab 9.11.1959) in der Dokumentationsstätte Regierungsbunker. In der Addition brachte es diese Mannschaft mit ihren Berufsjahren auf über 250 Jahre Bunkererfahrung.

Wollte man heute einen Atombunker bauen – an diesem 50. Jahrestag im Jahr 2009 hätte man auf die Elite vergangener Jahrzehnte in einer Besuchergruppe geschlossen zurückgreifen können. Denn vom Architekten des Regierungsbunkers, Dr. Hans Walter, über den Projektentwickler der schweren Tore bis hin zur Bauleitung, die plante, organisierte und umsetzte, waren sie nach Ahrweiler gekommen: Die Verantwortlichen des „Ausbau der Anlagen des THW“ – so der Tarnname des Bunkerprojektes. Auf Einladung der „Dokumentationsstätte Regierungsbunker, Bad Neuenahr-Ahrweiler“ trafen sie sich zu einer denkwürdigen Runde im Bunker, die es so letztmalig im Frühjahr 1970 gab.

Auf einer fast dreistündigen Führung durch den Bunker informierten die Mitglieder der ehemaligen Bauleitung auch über „Bunkerphänomene“, die nur teilweise oder gar nicht bekannt waren (links Reiner van Briel, der u.a. zuständig war für die Aufnahme aller Arbeitsunfälle auf der Baustelle).

Damals wurde die Bauleitung nach Ende der Ausbauarbeiten aufgelöst und verteilte sich in alle Winde. Ein harter Kern ging geschlossen nach München und baute dort – wieder unter erheblichem zeitlichen Druck – die Spielstätten für die Olympischen Spiele zu Ende. Anschließend wurde das Sendezentrum des ZDF auf dem Lerchenberg gebaut – mit einem Atombunker inklusive Sendestudio im Keller. Mit beidem hatte man Erfahrung aus den Marienthaler Jahren – auch wenn es an der Ahr im Schwerpunkt um den Bunker ging, das Sendestudio eine kleine Zugabe war.

„Ich bin beeindruckt, was heute noch zu sehen ist und in welchem Zustand alles ist“, freute sich Heinz Eickhoff, über Jahre Entwicklungsleiter der Bochumer Eisenhütte, nach einer fast dreistündigen Führung durch die Dokumentationsstätte.

Bild aus der Bunkerbauzeit, das Heinz Eickhoff, Entwickler der Bochumer Eisenhütte für alle schweren Tore und Türen, in Ahrweiler zeigt – im Hintergrund am oberen Bildrand das Hotel Hohenzollern.

Immer wieder konnten er und die Kollegen aus alter Zeit mit persönlichen Erinnerungen diese Runde bereichern – zur Freude der Familien, Bunkerbesucher und Mitarbeiter der Dokumentationsstätte. Denn einiges aus dem Alltag der Bauleitung war nie wirklich an die Öffentlichkeit gekommen – und sollte da auch gar nicht hin. Wie die Episode um das Ablassen von tonnenschweren Verschlussdeckeln in der Mittagspause und unter Zuhilfenahme diverser Bäume im Wald über Ahrweiler, die als „Abseilsicherung“ dienten. „Mit Arbeitssicherheit und konventioneller Arbeitstechnik hatte das natürlich nichts zu tun, also warteten wir, bis die Bauleitung in der Mittagspause war und legten los wie die Feuerwehr. Nach der Pause war der Deckel da, wo er hingehörte – zur großen Verwunderung der Bauleitung. Was da wie lief, haben wir denen nie erzählt.“

Heinz Eickhoff (Bochumer Eisenhütte; links) und Reiner van Briel (Bauleitung) vier Jahrzehnte nach der letzten Besprechung der Bauleitung (im Frühjahr 1970) am 8.11.2009 in der Dokumentationsstätte.

Nur die Bäume verrieten mit ihren Blessuren vom Husarenstück der Techniker um Eickhoff, der unter anderem Reiner van Briel damals das Staunen lehrte. Van Briel und seine Familie waren am Novembersonntag 2009 auch im Bunker – ein Wiedersehen mit seiner Bunkermannschaft nach fast 40 Jahren. „Es ist schön, die alte Truppe wieder beieinander zu haben – und auch Geschichten zu hören, die wir aus der Bauleitung damals nicht wissen sollten“, freute sich der ehemalige Bergmann, ergänzte aber mit einem Lächeln auch, „das die damals von uns ja auch nicht alles erfahren haben.“

Für Dr. Hans Walter, Bunkerarchitekt und Ehrengästeführer der Dokumentationsstätte, ist der Besuch die 4. Visite im Museum. Der Essener Architekt – er kam mit Ehefrau Annemarie und der Schwiegertochter - zählt damit fast schon zum Stamminventar der Anlage, allerdings kann er bei der Zahl der Besuche seiner ehemaligen Chefsekretärin Lore Berthel nicht das Wasser reichen. Die Ahrweilerin nutzt nicht nur den Heimvorteil, sondern pflegt fast wöchentlich die enge Beziehung zur Anlage, „in der ich die schönsten Jahre meines beruflichen Lebens verbrachte“.

Bunkerarchitekt und Ehrengästeführer Dr. Hans Walter mit Schwiegertochter und Ehefrau (Hintergrund).

Zur Dokumentationsstätte und ihren Mitarbeitern pflegt sie einen engen Kontakt, zu dem längst auch gehört, „dass ich am Wochenende mit einem speziellen Bunkerkuchen anrücke.“ Das Rezept hat sie aus dem Krankenhaus mitgebracht, das zwangsweise für einige Zeit nach einem Sturz ihre Heimstatt war. Der Unfall ereignete sich – natürlich – am Bunker. Eine der Bunker-Anekdoten der Neuzeit. Diese allerdings stehen – wenigstens von ihrer Zahl - klar im Nachteil zu denen aus alter Bunkerbauerzeit. Einige wurden aufgefrischt bei der jetzigen Neuauflage der Besprechung in der Bauleitung. Wie auch alte Fotoordner die Runde machten. Da ging es nicht nur um die Baumaßnahme von Deutschlands Staatsgeheimnis Nummer 1, sondern auch um das Drumherum. So stellte sich damals immer wieder eine Fußballmannschaft der Bauleitung der übermächtigen Zusammenstellung unter den Bauarbeitern. Mit rund 20.000 Arbeitern in 10 Jahren konnte man auf einen nie versiegenden Talentepool zurückgreifen, was die Bauleitung als eingespieltes Team allerdings stets aufhob. „Ja, wir waren eine eingespielte Mannschaft und sind stolz auf das, was wir hier geleistet haben“, stellt Reiner van Briel klar.

Erinnerung und alte Fotos bei einer Tasse Kaffee: Reiner van Briel, Egon Karle (Sprengmeister), Heinz Eickhoff, Dr. Hans Walter und Walter Schürmann (für die Verschlüsse zuständiger Bunkertechniker, heute Gästeführer; von links) im Foyer der Dokumentationsstätte.

Dass der Bunker im 50sten Jahr nach Baubeginn immer noch in einem weitestgehend tadellosen Zustand ist, freute die Besuchergruppe – auch wenn die Garantiezeit für die wichtigsten Baugruppen erst im Jahr 2070 abläuft. Bis dahin – so schlug es der Vorsitzende des Heimatvereins „Alt-Ahrweiler“ Dr. Wilbert Herschbach vor – solle man sich mindestens ein mal im Jahr in diesem Kreise treffen. Bei der Gelegenheit könnten anfallende Fragen zur Wartung und Reparatur etwaiger Schäden auch gleich mitbesprochen werden. Ein Bunker und seine Geschichte ... die nun spätestens im Januar 2012 weitergeschrieben wird. Am 18.1.1962 begann der Ausbau des Bunkersystems. In knapp zwei Jahren wird also wieder in der Dokumentationsstätte der Sachverstand deutscher Bunkerbaukultur anrücken.