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Regierungsbunker viel teurer als bisher bekannt PDF Drucken E-Mail
Donnerstag, 03. April 2014

Geheime Haushaltsführung: Jährlicher Betrieb wurde mit 40 Mio. anstatt 22 Mio. DM abgerechnet

Ein Betonmonstrum mit ständigem Energiehunger: Jeder noch so weit entfernte Winkel des Regierungsbunkers war mit Kabeln durchzogen. Der Stromverbrauch schlug jährlich mit 1,6 Mio. DM zu Buche.

„Wegen der hohen Geheimhaltung sind genaue Kosten zu Erstellung und Unterhalt des Regierungsbunkers nicht bekannt“ – so wurde die Haushaltslage um Deutschlands Staatsgeheimnis Nummer 1, den Regierungsbunker im Ahrtal, über Jahrzehnte „erklärt“. Was nicht stimmte, denn sowohl die Ausgaben für Bau und jährlichen Betrieb waren bekannt und präzise dokumentiert. Die Bundesregierung hat sich vor Schließung der Anlage genaue Übersichten zum Finanzbedarf vorlegen lassen wie auch in der verwaltenden „Dienststelle Marienthal“ mit deutscher Gründlichkeit alles auf den Pfennig genau abgerechnet wurde. Danach lagen die jährlichen Kosten für Instandhaltung, Verbrauch und Personal 1989 bei knapp 41 Mio. DM und nicht wie vom Bund angegeben bei 22 Mio..

In fast 120 Untertiteln des geheimen Haushaltsansatzes Einzelplan 60, Kapitel 02, Titel 671 01 wurde der Regierungsbunker geführt, aber auch im Einzelplan 36 (zivile Verteidigung) oder dem Etat des Bundespostministeriums finden sich seine finanziellen Spuren wieder. Es wurde verschachtelt, quergebucht und abgetarnt, darunter 1,6 Mio. DM Jahreskosten für Strom (RWE), 8 Mio. DM für Bewachung oder 350.000 DM für Reinigung und Müllabfuhr (1989). Doch auch Einnahmen wurden verbucht, so 300 DM für die Vermietung von Weinbergen oder Provisionen für im Bunker aufgestellte Kaffee- und Zigarettenautomaten (2.000 DM). Exoten wie „Schneeräumen“ fielen ebenfalls für den Regierungsbunker an, wie auch Mieten für Telefonkabel (3,44 Mio. DM) oder der Einkauf von Kopfkissen für 23.000 DM.

Erst mit der jüngsten Auswertung von über 5.000 Seiten Haushaltsunterlagen konnte die Frage nach den tatsächlichen Bunkerkosten beantwortet werden. Woher die bislang genannten 22 Mio. DM stammen? Erstmals genannt wird dieser Betrag bei einer Bundestagsdebatte 1996, in dem die „Geldvernichtungsmaschine Regierungsbunker“ von der Opposition kritisch unter die Lupe genommen wird. Abgeordnete, darunter Joschka Fischer, werden mit Beträgen von 20 bis 22 Mio. DM beruhigt.

Neben der Fehlinformation verbindet sich mit diesen Aussagen eine ganz andere – reale - Tatsache: Geheimnisverrat. Denn der Bunker samt Haushalt waren „Geheim“ eingestuft und Fragen dazu hätten gar nicht beantwortet werden dürfen. Während Bunker-Mitarbeiter zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet waren, plauderten Bundestagsabgeordnete mehrerer Parteien munter Details über das Staatsgeheimnis aus. Teilnehmer von Debatten waren unter anderem Guido Westerwelle FDP), Rezzo Schlauch (Bündnis 90/Die Grünen), Otto Schily (SPD) oder Manfred Kanther (CDU).

Zeitgleich erwartete der Bundesrechnungshof Vorschläge für eine massive Kostenreduzierung, so beim Personal. Mit durchschnittlich 90.159 DM Jahreseinkommen (1996) wurde ein Bunker-Mitarbeiter abgerechnet – bei 190 Planstellen 17,1 Mio. DM. Nach zähem Ringen reduzierte das Bundesinnenministerium bei seiner Dienststelle Marienthal um 21,5 Stellen – Ersparnis weniger als 2 Mio. DM. Mit Blick auf die Gesamtausgaben der Dienststelle zwischen 1965 und 1997 von über einer Milliarde DM ein eher schmeichelhafter Betrag.