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Über 100 Gäste bei „Geheimes Deutschland“ PDF Drucken E-Mail
Sonntag, 30. November 2014

Veranstaltung im Regierungsbunker stellte Umgang mit Staatsgeheimnissen dar

Es ging um Staatsgeheimnisse im ehemaligen Staatsgeheimnis, als Prof. Dr. Josef Foschepoth (am Rednerpult) und Dr. Michael Hollmann ihre Vorträge im Regierungsbunker hielten.

„Die Bundesbürger bezahlen für ihre eigene Überwachung“, kommentiert Prof. Dr. Josef Foschepoth den jüngsten Neubau der NSA in Wiesbaden-Erbenheim. An den Baukosten des Superüberwachungskubus beteiligt sich die Bundesrepublik mit über 100 Mio. Euro. Das System einer flächendeckenden, technisch auf dem neuesten Stand befindlichen Datenabschöpfung wird gerade perfektioniert, informierte Historiker Foschepoth im Rahmen der Veranstaltung „Geheimes Deutschland“, die in der Dokumentationsstätte Regierungsbunker stattfand. Über Hintergründe geheimer Aktenbestände sprach Dr. Michael Hollmann. Was einen Stempel erhält, kann nur schwerlich hinterfragt werden. Eine pragmatische Regelung im Umgang mit Staatsgeheimnissen, die sich so jeder Aufarbeitung entziehen.

Der Veranstaltungsort war mit über 100 Gästen bis auf den letzten Platz gefüllt und traf das Thema „Geheimes Deutschland – Geheimhaltung vs. Geschichtsschreibung“ ideal. 1998 wurde die Geheimhaltung aufgehoben um den Regierungsbunker als „Deutschlands Staatsgeheimnis Nummer 1“. Doch wann die letzte Akte zum Bunker offen ist, weiß heute niemand. Immerhin: am 22. November 2014 haben sich zum ersten Mal maßgebliche Historiker und Wissenschaftler genau dort getroffen, wo Geheimhaltung immer oberstes Gebot war und über Hintergründe gesprochen. Im Forum: Historiker Josef Foschepoth von der Uni Freiburg („Überwachtes Deutschland“) und Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs. Beide gingen auf das Thema Geheimhaltung ein – mit ganz unterschiedlichen Ansätzen, aber ausgesprochen informativ und durchaus unterhaltsam.

Historiker Prof. Dr. Josef Foschepoth und Bundesarchiv-Präsident Dr. Michael Hollmann (rechts) in der Dokumentationsstätte Regierungsbunker.

Foschepoth, der Erklärer des Kanzlerinnen-Handy. Was Angela Merkel nicht beim Namen nennen mag, erklärt Josef Foschepoth bis in alle Winkel der mobilen Tastenkombinationen. Kein Datentransfer ohne NSA & Co.. Das ist legal und vertragskonform, auch wenn es der Öffentlichkeit nur schwer vermittelbar ist. Die Verträge gehen zurück in die Gründungszeit der Bundesrepublik und wurden von Kanzler Adenauer ratifiziert. Gültig sind sie bis zum heutigen Tag – auch für Bundesbürgerin Merkel.

Hollmann, Hüter des geheimen VS-Grals. Nirgendwo anders in Deutschland lagern so viele Verschlusssachen, wie im Bundesarchiv. Der Präsident erklärte das Verfahren um dieses Schwergewicht bundesdeutscher Geschichte und auf die Anwendung bezogen. Wirklich logisch wirkt es deshalb nicht immer und bleibt, gerade bezogen auf den Regierungsbunker, ein unerklärliches Phänomen: Bereits vor 16 Jahren hob der Bund die Geheimhaltung um dieses Bauwerk auf und ließ es anschließend physisch beseitigen. Doch die Akten im Bundesarchiv sind bis zum heutigen Tag staatsgeheim. Von 24 Beständen stehen ganze zwei für eine Bearbeitung zur Verfügung. Einige, die noch vor Jahren einsehbar waren – „auch wenn da ein Verfahrensfehler vorlag und diese Unterlagen so hätten nie zur Verfügung geestellt werden dürfen“, wie Hollmann einschränkt – werden auf der Übersichtsliste der Regierungsbunker-Akten im Bundesarchiv heute gar nicht mehr geführt. Damit sind sie faktisch nicht existent. Für die Mitarbeiter des Archivs um Präsident Hollmann ein Dilemma, das sie weder zu verantworten haben noch entschuldigen können. Und so konzentriert sich Michael Hollmann auf eine Beschreibung seiner Arbeit im Rahmen von Vorschriften im Umgang mit Staatsgeheimnissen. Für die 100 Zuhörer nicht minder spannend, zumal es genug Einlagen zum Schmunzeln gab. Das Thema ist alles andere als staubtrocken, wenn es Michael Hollmann beschreibt.

Über 100 Gäste nutzen die Veranstaltung „Geheimes Deutschland“ und erhielten Informationen zum Umgang mit Verschlusssachen aus erster Hand, was auch die Möglichkeit einschloss, Fragen zu stellen.

Für die Dokumentationsstätte Regierungsbunker war „Geheimes Deutschland“ mit zwei hochkarätigen Referenten und eine spannende Fragestellung der gelungene Einstieg in Fachvorträge mit geschichtlichem Hintergrund. Im kommenden Jahr soll es eine Fortsetzung geben und bereits zugesagt dafür hat Prof. Dr. Jost Dülffer, der an der jüngsten Veranstaltung nicht teilnehmen konnte. Er wird dann über Inhalte seiner Arbeit in der Unabhängigen Historikerkommission zur Aufarbeitung der BND-Geschichte berichten. Geplant ist der zweite Historische Tag in der Dokumentationsstätte für November 2015.