Menu Content/Inhalt
kopfbildxx.jpg
Sie sind hier: Grafik: Pfeil als Hinweis Start arrow Aktuelles arrow Zeitenwende: Vom Staatsgeheimnis zum Kulturdenkmal
Zeitenwende: Vom Staatsgeheimnis zum Kulturdenkmal PDF Drucken E-Mail
Sonntag, 04. September 2011

Bunkeranlage der Bundesbank in Cochem steht unter Denkmalschutz

Früher als Staatsgeheimnis „top secret“, heute ein Denkmal: Die Bunker- und Tresoranlage der Deutschen Bundesbank in Cochem, im Bild der Eingang in den Tresorbereich.

Die Bunker- und Tresoranlage der Deutschen Bundesbank in Cochem, als Atomschutzbunker 1962 gebaut, ist in die Liste der Kulturdenkmäler Rheinland-Pfalz aufgenommen. Nach Prüfung durch das Landesamt für Denkmalpflege, Rheinland-Pfalz, sprechen der gute bauliche Zustand und die historische Bedeutung der Anlage im Kalten Krieg für die Unterschutzstellung. Damit verbunden ist der langfristige Erhalt der unterirdischen Liegenschaft im Cochemer Stadtteil Cond. Für das Gebiet der „alten Bundesrepublik“ markiert diese Entscheidung einen Wendepunkt im Umgang mit Bunkeranlagen aus der Zeit des Kalten Krieges: Erstmals wird eine Zivilschutzanlage in ihrem Originalzustand unter Schutz gestellt.

Damit sind die Bunkeranlagen aus der Zeit der atomaren Abschreckung angekommen in der Liga der Verteidigungsbauwerke zurückliegender Jahrhunderte. Burgen und Festungen in Rheinland-Pfalz: Das sind in der Wahrnehmung Vieler die historischen Bauten wie Ehrenbreitstein, Marksburg, Burg Eltz oder die Reichsburg in Cochem. Strategisch günstig auf den Höhenzügen errichtet, boten sie eine gute Übersicht über das Umfeld und ließen sich aus prädestinierter Lage gut verteidigen. Doch spätestens im Atomzeitalter wechselte das ideale Verteidigungsbauwerk von oben nach unten. Wer sich schützen wollte, baute unterirdische Bunker – ein Spiegel der Verteidigungsarchitektur und der zu erwartenden Waffenwirkungen. 

Weltberühmt und seit Jahren unter Denkmalschutz: Die Reichsburg in Cochem thront weithin sichtbar über dem Moseltal. Zu ihren Füßen liegt in den Hängen versteckt (und auf der anderen Flussseite) der Bundesbank-Bunker – nun auch ein Denkmal.

Einen Grund, die Festungen jüngerer Geschichte grundsätzlich anders zu bewerten als jahrhundertealte Verteidigungsbauwerke, gibt es mit Blick auf die Bedeutung eigentlich nicht – und doch war der Weg für Bunkeranlagen aus der Zeit des Kalten Krieges in den Denkmalschutz nicht ganz unproblematisch. Beispiel Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler, dem der Denkmalschutz im ursprünglichen Zustand verwährt blieb. Erst nach dem Rückbau stehen 200 Museumsmeter der einst 17,3 Kilometer langen Anlage unter Denkmalschutz.

Für den in der gleichen Zeit (1962) durch die Deutsche Bundesbank in Cochem gebauten Atomschutzbunker samt Tresoranlage für die geheime Ersatzwährung der Deutschen Mark – auch eine Erfindung des Kalten Krieges – standen die Vorzeichen da schon wesentlich besser. Denn der Bunker im Originalzustand überzeugte die Denkmalschützer um Landeskonservator Dr. Joachim Glatz (Landesamt für Denkmalpflege) als technisch herausragendes Zeitzeugnis wie auch mit den Aufgaben, für die er gebaut wurde. 

Seit Errichtung 1963 hat sich nicht viel in der Bunker- und Tresoranlage verändert – auch nicht in der Küche. Dass es so bleibt, regelt nun auch der Denkmalschutz.

Nun ist die einst geheime Bunkeranlage ein Kulturdenkmal – eine Entscheidung, die auch durch Generaldirektor Thomas Metz (Generaldirektion Kulturelles Erbe) unterstützt wurde – ganz im Sinne der Geschichtsschreibung. Denn der Kalte Krieg als Teil der jüngeren deutschen Geschichte kann nicht nur über Lehrbücher oder TV-Dokumentationen erzählt werden. Objekte sagen da oft mehr als tausend Worte – eine Erfahrung, die man auch im Ahrweiler Regierungsbunker gesammelt hat, denn die Dokumentationsstätte zählt heute zu den höchst frequentierten Museen in Rheinland-Pfalz. Täglich bis zu 1.000 Besucher informieren sich vor Ort über Sinn und Zweck der Anlage – eine klare Botschaft an das historische Bewusstsein, das Besucher aus dem In- und Ausland mitbringen.

Und auch für Cochem liegen konkrete Museumspläne in der Schublade: Die potentiellen Betreiber kommen aus Ahrweiler und haben die dortige Dokumentationsstätte mit aufgebaut – eine inhaltlich und logistisch anspruchsvolle Herausforderung, die mit Bravour gemeistert wurde. Die Vorzeichen für eine Dokumentationsstätte in Cochem sind also nicht schlecht, zumal das Thema und der Bunker zwar ganz anders, aber nicht weniger spannend und informativ sind. Im Rahmen einer Veranstaltung im Herbst 2010 wurden wichtige Erfahrungen gesammelt, der Publikumszuspruch war enorm. 

Signalwirkung durch und für Denkmalschützer

Ein Denkmal im Wandel der Zeit: gebaut als Atomschutzbunker, nutzte nach Ende des Kalten Krieges die regionale Volksbank Teile der Anlage für Kundenschließfächer und verkleidete die Bunkerzugänge. Nun steht alles unter Denkmalschutz.

Mit der Entscheidung der Mainzer Denkmalschützer verbindet sich eine Signalwirkung, die gerade für Rheinland-Pfalz sehr wichtig ist, das Ministerpräsident Vogel einst ganz treffend als „Flugzeugträger“ beschrieb: In keinem anderen Bundesland ist die Bunkerdichte so hoch wie hier, wollten NATO und Bundesregierung möglichst lang westlich des Rheins die Stellung vor dem anrollenden Armeen des Warschauer Pakts halten. Mit Blick in die bundesdeutsche Denkmalliste kamen diesen Baudenkmälern allerdings bisher nur Nebenrollen zu. Die jetzige Mainzer Entscheidung könnte also der Auftakt für eine Neubewertung dieses Zeitabschnittes werden – auch jenseits der Landesgrenzen. Zumal der Denkmalschutz signalisiert, mit dem Atomschutzbunker in Cochem und dem Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler die Liste der Kulturdenkmäler nicht zu schließen.

Burgen und Festungen wurden im Mittelalter strategisch günstig auf Bergen gebaut. Im Atomzeitalter verlagerte man Verteidigungsanlagen unter die Erde – auch den Bunker der Bundesbank, der in Cochem über 100 Meter weit in den Moselschiefer hineingesprengt wurde.

Seit Jahresbeginn liegt im Mainzer Amt eine Gesamtübersicht über die geheimen, unterirdischen Hinterlassenschaften des Kalten Krieges vor, die so in den Fokus der Denkmalschützer gerückt sind – eine durchaus erfolgreiche und intensive Zusammenarbeit mit dem Kreis, der sich ehrenamtlich mit der historischen Aufarbeitung dieser Bunkeranlagen beschäftigt. Den bisher einmaligen Sonderveranstaltungen im Rahmen von Besichtigungswochenenden kommt so in der Langzeitwirkung eine ganz neue Rolle zu: Dort, wo Besucher in Cochem und Alzey 2010, bzw. 2011 erstmals die Unterwelten des Atomzeitalters erkunden konnten, rückt nun der Denkmalschutz vor. Im Fall von Alzey und dem dortigen Ausweichsitz der Landesregierung eine Entscheidung, die auch politischen Tiefgang hätte, denn der Bunker ist noch immer in Landesbesitz. Die Landesregierung selbst würde die historische Aufarbeitung um seine Liegenschaft voran bringen und die Anlage für künftige Generationen erhalten. Für Fachleute nicht nur eine erfreuliche Entwicklung, sondern eine wahre Sensation.

Anfang der 60er Jahre gebaut, präsentiert sich der Bundesbank-Bunker auch heute noch in einem technisch hervorragenden Zustand.

Ein Schritt, den man in den „neuen“ Bundesländern bislang wesentlich intensiver umgesetzt hat. So steht der inzwischen verschlossene Honecker-Bunker seit Jahren unter Denkmalschutz – eine wenig tröstliche Entscheidung für einen Bau, der politisch ganz anders hinterfragt wird als der Bonner Regierungsbunker, der seit Öffnung als Dokumentationsstätte 2008 bereits 260.000 Besucher begrüßen konnte. 

Was die Hoffnung einschließt, dass Cochem künftig neben der Reichsburg ein weiteres, imposantes Bauwerk als Besuchermagnet bieten kann, das nicht weithin sichtbar über der Mosel thront, sondern unsichtbar in ihren Hängen ruht. Historisch verdient hätte es die Bunker- und Tresoranlage der Deutschen Bundesbank allemal. Und in 500 Jahren wird man sicherlich kaum noch einen Unterschied machen zwischen Reichsburg und Bunker, die in der „guten alten Zeit“ gebaut wurden, um sich vor Kriegen zu schützen.