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Mittwoch, 02. Juli 2014

Notstandsparlamentarier und Bunker-Zeitzeuge starb mit 89 Jahren

Wolfram Dorn (1924-2014) bei seinem Besuch im Regierungsbunker 2007.
Wolfram Dorn (1924-2014) bei seinem Besuch im Regierungsbunker 2007.

An der ersten Übung im Regierungsbunker 1966 hat er teilgenommen, kehrte als Staatssekretär im Bundesinnenministerium bis 1972 regelmäßig zurück ins Staatsgeheimnis an der Ahr und stellte sich als Zeitzeuge 2007 den Fragen zum Ausweichsitz: Wolfram Dorn, FDP-Politiker und Bunker-Zeitzeuge der ersten Stunde, starb jetzt, wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag. Wie auch SPD-Frontfrau Annemarie Renger (1919-2008) und CDU-Mitglied Ernst Benda (1925-2009) war FDP-Mann Dorn auf den Regierungsbunker angesprochen bereit, seine Gedanken und Erinnerungen zu äußern.

Dabei fand er als Mitglied des probehalber bei „Fallex 66“ konstituierten Gemeinsamen Ausschusses kritische Worte zu Inhalten wie auch zu Beteiligten dieser NATO-Übung im Oktober 1966. Die Regierung habe das Notparlament in allen wichtigen Punkten belogen, so das Fazit von Dorn, der insbesondere den Vorsitzenden des „GemA üb“, Ernst Benda, wegen dessen Rolle hart anging.

Die politische Karriere von Dorn erlebte mit der Ernennung zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium ab 1969 ihren Höhepunkt. Dabei war Dorn unter anderem für den Zivilschutz zuständig. In diese Zeit fällt auch die Entscheidung, das Bunkerbauprogramm in der Bundesrepublik Deutschland aus Kostengründen zurückzufahren. Allein am Regierungsbunker ließ sich nicht rütteln, der zu dieser Zeit im Jahr sieben von neun Baujahren angekommen war.

Im Januar 2007 kehrt Wolfram Dorn nach genau 35 Jahren Abstinenz in den Regierungsbunker zurück und ist erschüttert vom Zustand. Das künftige Museum, zu dieser Zeit auch eher Bauruine, sei für die Vermittlung dieses Themas viel zu wenig, so Dorn, der dann sehr detailliert auf die Inhalte von „Fallex 66“ (Ausschnitte dieses Interviews sind in einer neuen filmischen Dokumentation zu sehen, die im November 2014 erscheint) eingeht und so einen wichtigen Beitrag zur historischen Aufarbeitung leistet.

Bereits 2002 veröffentlicht er Fakten zur Übung im Buch „So heiß war der Kalte Krieg“, für das er über eine Sondergenehmigung im Bundesarchiv (Koblenz) Einsicht in die geheimen Akten erhält. Was er zu dieser Zeit nicht weiß: Maßgeblichen Anteil an der systematischen Falschinformation von Bundestagsabgeordneten und Übungsteilnehmern hat nicht der militärische Bereich (über das Bundesministerium der Verteidigung vertreten), sondern Dorns späteres Ministerium des Innern zu verantworten. Dort ist zu dieser Zeit Ernst Benda Staatssekretär. Eine lange „Männerfreundschaft“ beginnt, die bis zum Tod der beiden Politiker anhält. Benda und Dorn sprechen kein Wort mehr über dieses Kapitel deutscher Geschichte und gehen sich aus dem Weg.

Mit Wolfram Dorn ist der letzte Zeitzeuge gestorben, der sich zu Inhalten der Übung „Fallex 66“ aussprach. Allein Übungsteilnehmer Helmut Schmidt lebt noch, möchte sich aber auch nach mehrfacher Anfrage nicht zum Thema äußern.