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Wenn sich Banker einen Bunker bauen PDF Drucken E-Mail
Mittwoch, 13. Dezember 2006

Der Ausweichsitz der Deutschen Bundesbank im Moseltal

Foto: Milliardenschwer: Hinter dieser Tür lag über 20 Jahre die bundesdeutsche Ersatzwährung für den Notstandsfall. Eine ausführliche Foto-Dokumentation hält eine neue Rubrik unter 'Foto Galerie' bereit.

Ein scheinbar völlig normales Wohnhaus mit einer ganz normalen Haustür in einer ganz normalen Straße. Dahinter liegt ein Treppenhaus, es folgt ein Flur mit einigen Räumen rechts und links. Am Ende liegt links eine Tür, dahinter noch eine - der getarnte Eingang zu einem Bunker, in dem Milliarden unechte DM lagen. Der Ausweichsitz der Bundesbank. Was ihn mit dem Ausweichsitz der Regierung verbindet?

Nicht nur das federführende Bauunternehmen für die Umsetzung. Nicht nur die Tatsache, dass die Bauzeit ausufert. Nicht nur, dass selbst die Bauarbeiter nicht wussten, was sie da eigentlich unter der Erde vorantreiben. Was den Ausweichsitz der Bundesbank mit dem der Bundesregierung verbindet, ist über den Ansatzpunkt einer Schulniederlassung (in Marienthal war es die Bundesschule des THW) und den Namen hinaus die Philosophie, mit viel Beton Schutz zu schaffen und einen organisatorischen Beitrag im Kriegs- und Krisenfall zu leisten. Immerhin ließ sich das im Ausweichsitz der Bundesbank mit harten Fakten belegen: In den Stollen eingelagert waren einige Millionen Scheine der Serie "BBk-II" - der Parallelwährung zur Deutschen Mark, die bei der Bundesbank (BBk) als "Serie II" geführt wurde. Dieses Geld hätte im Notstandsfall die D-Mark als Zahlungsmittel abgelöst. 

Was die beiden unteridischen Festungen aber in jedem Fall verbindet, ist ihr Ursprung. Sie resultieren aus einem Projekt des zuständigen Planungsstabes im Bundesinnenministerium. Rückblick

Es ist der 3. März 1960. Zwischen Bonn und Frankfurt/Main wird eine gesicherte, handvermittelte Fernsprechverbindung aufgebaut. Am Main sitzt Bundesbankdirektor Scholz am Telefon. Eine größere Menge Bargeld soll für den Versand bereitgehalten werden. Am anderen Ende der Leitung spricht ein hochrangiger Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums. Er gibt weiter, was bereits vor Wochen im Bundesinnenministerium beschlossen wurde.

Es sind die heißen Tage im Kalten Krieg. Fast täglich werden Entscheidungen getroffen, die etwas mit der endgültigen Auseinandersetzung zwischen Ost und West zu tun haben. Dabei spielt Geld eine Rolle - nicht nur das große, sondern eher das "in kleinerer Sortierung in Scheinen und Hartgeld".

Es erinnert an die Lösegeldforderung in einem schlechten Krimi, was da an die Deutsche Bundesbank durch Ministeriale formuliert wird. Sie soll sieben Millionen Mark in kleinen Scheinen und Hartgeld bereit halten, die in sieben Bankfilialen gelagert werden. Deren Standorte befinden sich rund um den „Befehlsstand der Bundesregierung“ – und der ist nicht im Ahrtal (Die VS-Akte Marienthal).

Sechs Tage nach diesem Telefonat wird am 9. März in einem Vermerk festgehalten: „Die Bundesbankdirektion wird für Sonderzwecke der Bundesregierung (lediglich für die zivilen Ressorts) einen Gesamtbetrag von ca. 7 Mio. bereitstellen und diesen Betrag mit je 1 Mio. Deutsche Mark auf folgende Bankplätze verteilen:“. Es folgen sieben Ortsnamen, deren relativ kleine Einrichtungen (es sind Sparkassen sowie Volksbanken) plötzlich ein großes Problem haben: Viel Geld im Tresor. Die Niederlassungen leben schließlich davon, dass niemand etwas von dem finanziellen Segen weiß, denn ernsthaft sichern können sie ihn nicht. Ein Staatsgeheimnis – der Vorgang unterliegt wie immer „VS – nur für den Dienstgebrauch“ – macht die Transaktion so möglich.

Gefordert wird dieses Vorgehen bereits im November 1959. Gibt es eine Zeit der Schwarzmalerei, ist es dieser Spätherbst. Die Verbindung Frankfurt/Main – Bonn wird für den Fall einer Auseinandersetzung der Blöcke als instabil empfunden. Der Krieg, so die Strategen im Bundesministerium für Verteidigung, würde sehr schnell kommen. Die Entfernung von weniger als 200 Kilometern galt dann als unüberwindbar. Doch damit, und der Bund vermerkt dies intern sehr deutlich, wäre eine Achse abgeschnitten, die als wichtig empfunden wurde – interessanterweise gerade mit Blick auf ein fortgeschrittenes Szenario des 3. Weltkrieges: Die Versorgung mit Geld.

Um den Befehlsstand der Bundesregierung funktionieren die Dinge nur, wenn man in der Lage ist, sie zu entlohnen. Gehen die Detailplanungen schon in Bereiche wie die Benutzung von Straßennetzen Richtung Südwesten, die kaum bekannt und damit unverstopft sein müssen, gilt die Versorgung mit Zahlungsmitteln als eines der Hauptanliegen.

Wie jede einzelne Landesregierung auch, wird schließlich die Deutsche Bundesbank in die Empfehlung eingeschlossen, eigene Schutzbauwerke zu erstellen. Länder und wichtige Bundeseinrichtungen sollen so in die Lage versetzt werden, in einem Krisenfall uneingeschränkt weiter zu arbeiten. Die Regierungsstäbe erwarten dabei eine volle Kostenübernahme der Nutznießer. Ausschließlich für die Beschaffung einheitlicher Funkanlagen gibt es einen Etat im Staatshaushalt.

Die Bundesbank setzt diese Weisung zügig und vielmehr beschlussfähiger um, als die Regierung selbst. Während in den entsprechenden Abteilungen in Bonn mit Blick auf den künftigen Ausweichsitz eine „fortgeschrittene Planung“ und „unmittelbare Umsetzung“ notiert wird, gehen die Banker von der Theorie in die Praxis über. Sie suchen, finden und bauen ihren Ausweichsitz, der nicht nur ein Bauwerk in der Peripherie des provisorischen Befehlsstandes ist, sondern auch den größten Schatz im Falle der Not bereit hält. Geld, das keiner kennt.

Kalter Krieg im Moseltal

Cochem in Rheinland-Pfalz. Touristen aus Holland, England und allen Teilen der Bundesrepublik lieben den Ort an der Mosel. Hier dreht Deutschlands älteste Senfmühle ihre Runden, trohnt weit über die kleinste Kreisstadt des Landes hinweg die Reichsburg, erbaut vor mehr als 1000 Jahren. 100 Meter Höhenunterschied liegen zwischen diesem Wahrzeichen und den beiden Stadtteilen Sehl und Cond beidseitig der Mosel. Ein Idyll, das mit seiner Lage auch heute noch verbindet, dass der Weg ins Moseltal mit dem Verbindungsverlust jedweden Anschlusses an Handynetze und die meisten Radiostationen verbunden ist. Ein Funkloch, mitten in der Reichweite der modernen Welt.

Doch genau darin liegt – für den Anreisenden auch im Jahr 2006 spürbar – ein Vorteil in den Kriegsspielen vor über 40 Jahren. Eine atomare Druckwelle wäre über das eng eingeschnittene Moseltal hinweggeflogen. Für die Bundesbank ein (guter) Grund, hier ihre Deponie für zig Milliarden Mark als Ersatzwährung zu errichten. Ein weiterer ist die Lage, das Klima, das Ambiente. Sie plant ein Schulungs- und Erholungsheim. In den Räumen der Praxis von Arzt Dr. Dreesen, dessen Immobilie in der Brauseleystraße seit einiger Zeit leer und zum Verkauf stand, richtet man sich ein. Und kauft reichlich Gelände im rückwärtigen Teil dazu. Am Ende umfasst das neue Grundstück rund 9000 qm, inklusive Schwimmbecken und Pavillon.

Doch schon bald macht der neue Eigentümer weithin von sich reden – und besonders von sich hören. Baumaschinen bahnen sich ihren Weg in den Garten. Nicht klein, nicht leise, nicht irgendwann am Tag. Mit großem Gerät und von 6 bis 22 Uhr sticht die Bundesbank den Fels der Moselhänge an.

Am 14. Mai 1962 beginnt das mit 2.301.175,85 DM veranschlagte Unternehmen „Ausweichsitz der Deutschen Bundesbank“. Natürlich geheim. Im Hang wird gebaggert, gesprengt, betoniert. Während in Marienthal in erster Linie noch immer diskutiert wird. Der Startschuss für den Bunkerbau fiel dort zwar schon, doch über den Umfang und die endgültige Projektierung herrscht alles andere als Klarheit. Immerhin: Seit einer Woche läuft der Aufbau des ersten MAN-Tores.

Ein weiterer Unterschied zwischen den unterirdischen Baustellen an Mosel und Ahr: Droht das Land Rheinland-Pfalz gleich mehrfach, die Baustelle des Bundes in Marienthal stillzulegen, kämpft die Bundesbank (und mit ihr die ausführende Hochtief Aktiengesellschaft; sie ist auch in der Marienthaler Arge Max federführend) nur mit polizeilichen Anzeigen der Anwohner. Den Streit schlichtet – irgendwie - die Tageszeitung vor Ort, als sie im August 1962 mitteilt: „Dieser Bunker ist einmal für die Lehrgangsteilnehmer und die Teilnehmer an den Erholungskuren gedacht, aber 30 bis 50 Anwohner der Matthias-Härig-Straße und der Brauseleystraße können im Ernstfall ebenfalls dort Zuflucht finden.“ Tatsächlich machen die Nachbarn im Belegungsfall mehr als die Hälfte aus. Und das Zahlenspiel endet bei 175.

Die gezielte Desinformation haftet Marienthal wie auch Cochem an. Das eine ist genauso wenig ein Bunker für erholungssuchende, gestresste Bankangestellte an der Mosel wie an der Ahr ein „Ausbau der Anlagen des THW“ durchgeführt wird.

Mit einigen Entscheidungen stiftet man auch intern Verwirrung, so mit ständig neuen Bauplänen. Nach vier Conder Grundentwürfen – zwei sehen ein „weit verzweigtes Stollensystem“ vor – wird der neue „atomsichere“ Banker-Bunker doch ganz anders gebaut. Wie auch in Marienthal gibt es sogar noch in der Bauphase ständig neue Entwürfe. Ein flexibles Werk, an dessen Ende ein Schutzbau steht. Weniger für Menschen als vielmehr für Geld. Geld, dass es weder wirklich gibt, dass niemand kennen, geschweige in Händen halten darf: Das im Grunde völlig wertlos ist.

Und sich doch auf einen Betrag von rund 15 Mrd. Mark addieren lässt. Am Ende einer Sackgasse, hinter einem etwas mehr als einem Meter hohen Schiebetor liegt unterirdisch die Währung, die im Kriegsfall die DM abgelöst hätte.

Der 3. Weltkrieg: Mal schnell, mal langsam

Wie sich die Kriegsszenarien aus heutiger Sicht erklären lassen, von denen man Mitte der sechziger Jahre in Regierungs- und Militärstäben ausging, bleibt ein Rätsel. Das eine Extrem war ein Atomwaffenkrieg mit einer „Reihe massierter Einsätze in den ersten Tagen“, der „schnell und ohne merkliche Vorwarnzeit“ da sein würde. Auf der anderen Seite wollte man mit einer Ersatzwährung der einsickernden Gefahr von reichlich gefälschten DM-Beständen aus dem Ostblock sowie einer galoppierenden Hyperinflation vorbeugen. Prozesse, die Tage, vielleicht Wochen gedauert hätte. Ebenso wäre das Austeilen der Ersatzwährung von einem, diesem Platz an der Mosel, trotz logistischer Vorsorge im Aufbau der Anlage auch nicht Sache einer Nacht gewesen. Zusammen passen die Szenarien nicht, aber rein finanziell wäre man für alle Fälle gerüstet gewesen.

Und so lag hinter unterirdischen, zum Teil bis zu vier Meter starken Betonwänden, eine Währung, die niemand kannte. In zwei Serien entworfen, wurden bei der Produktion von Scheinen sogar Pfennig-Beträge aufgegriffen.

Der Bau selber erfüllte eher Geheimdienst-Klischees, als der um ein Vielfaches größere Regierungsbunker. Ein Schulungsraum sollte den geheimen Einstieg in das Bunkersystem beherbergen. Dafür war ein neues Haus mit doppeltem Boden im Garten geplant. Schließlich wurde diese Projektierung verworfen und durch eine nicht weniger spektakuläre ersetzt. Einer der Zugänge lag nun im Keller des einstigen Wohnhauses, das offiziell als Schulungsheim der Deutschen Bundesbank im Einsatz war. Ein weiterer Zugang nahm rein optisch Anleihe an einer Doppelgarage. Vor ihm lagen mehrere Parkplätze – es war der Umschlagplatz für die Ersatzwährung. Es gab zwei weitere Notausstiege, die unter Bäumen und hinter Sträuchern gut getarnt im Garten lagen. Der eine war während der Bauphase als Schacht für das Ausbringen des Gesteins und die Versorgung mit Baumaschinen genutzt worden.

Mit der Wünschelrute zum Superbunker

Vorbereitet wurde die Bauerei mit aller Gründlichkeit - und viel Geheimhaltung. So verließ man sich nicht nur auf ein Ingenieurs-Gutachten über wasserführende Adern im Berg, sondern schickte auch einen Wünschelrutengänger übers Grundstück. Interessanterweise deckten sich dessen Hinweise auf Wasseradern mit denen der Baufachleute. Das war es dann aber auch schon mit den Dingen, die wirklich gut funktionierten. Ein richtiger Ausrutscher war die Bauzeit: Ursprünglich mit 55 Wochen veranschlagt, benötigte das Verfahren mehr als doppelt so lange. Auch beim Thema Geld sieht man nicht auf den Pfennig: Mit neuen Planungen, mehr Wegstrecke und nicht zuletzt aufgrund neuer Kalkulationen der durchführenden Unternehmen lassen sich die ursprünglich veranschlagten 2,3 Mio. Mark nicht halten. Der endgültige Kontostand – auch das scheint ein bunkerbautypisches Phänomen zu sein – lässt sich heute nicht mehr ermitteln.

Bunkerbautypisch sind auch die Verfahren bei der Geheimhaltung: Nur wenige wussten, woran tatsächlich gebaut wurde. Für die eingesetzten Bauunternehmen war es die „L.S. Anlage Cond“ (Auftraggeber: Landeszentralbank Mainz) – ein Zivilschutz-Bunker wie etliche andere auch, die gerade in jener Zeit kreuz und quer unter der Oberfläche dieser Republik entstanden. Einige Merkmale waren dann doch ganz außergewöhnlich. So lag auf dem exakt einhundert Meter langem Gang vom Keller des Wohnhauses Richtung Hauptstollen (es war zugleich die Unterkunft für 90 Zivilisten) links ein Abgang, der in einen von zwei Tresorbereichen mündete. Hinter einer gut 50 cm starken und tonneschweren Stahltür mit Zahlenschloss waren die Gitterboxen in einem 140 qm großen Raum installiert. Licht in das Dunkel des milliardenschweren Inhalts brachte eine spezielle ultraviolette Beleuchtung.

Der zweite, noch längere Tresorraum, lag als untere Ebene am Ende des 100-Meterganges ebenfalls im linken Bereich. Ein Treppenhaus führte in die Unterkunfts- und Arbeitsräume im Obergeschoss. Hier gab es neben einer Reihe von Schlaf- und Arbeitsräumen einen Funkraum mit Direktverbindung zum Befehlsstand des Bundesinnenministeriums – und das hatte auch in Zeiten des „provisorischen Ausweichsitzes“ seinen Platz unmittelbar beim Bundeskanzler. Gleich hinter dem Funkraum gab es den sogenannten Kühlturm inklusive umlaufender Treppe (der ehemalige, 14 Meter hohe Schacht der Baustellenversorgung), durch den auch die Kabelstränge für die Fernverbindung liefen. Aufgrund des Durchmessers von 4,4 Metern war es die Achillesverse des Bunkers. Eine mehr als 2 Meter starke Betonummantelung sollte Sicherheit schaffen. Insgesamt wurden mehr als 3000 qm Beton in die Mosellage gepumpt.

Bei der Versorgung der 85 Bunker-Mitarbeiter (82 Mitarbeiter der Bundesbank, 2 für den Küchenbereich und 1 Wächter) griff man auf eigene Stromversorgung und einen Tiefbrunnen zurück. Auch in Cochem gab es einen Sandfilter für die Luftversorgung – Marienthal in Miniaturausgabe, denn in der Zusammenrechnung aller Gänge brachte es der Bunker nur auf ca. 300 Meter. Immerhin gab es eine eigene Küche mit kleinem Speisesaal und auch zwei Dekontaminierungszonen sowie Schleusen in den Eingangsbereichen. Makaber aber wahr: Neben dem Dekon-Bereich war die Krankenstation eingezeichnet. Es folgte der „Toten-Raum“.

In den Gängen der größeren Tresoranlage gab es 12, jeweils 6 Meter lange und rund 3 Meter breite Boxen für die Ersatzwährung, wobei in einem Teil auch Arbeits- und Schlafplätze hätten eingerichtet werden können.

Eingebunkert ist gut, Nachzählen besser

Menschen kamen im Alltag nur höchst selten in die „Monetenstollen“ an der Mosel. Alle drei Monate schickte die Bundesbank einige Prüfer in die Anlage, die stichprobenartig Posten auf ihre Vollständigkeit kontrollierten. Fiel die Panzertür am Zugang wieder ins Schloss, war Ruhe im deutschen Fort Knox für den Krisenfall. Auf diese Ruhe setzte man bei einem weiteren technischen Sicherheitssystem: In kurzen Abständen waren überall an den Tresorwänden Erschütterungssensoren installiert, die auf Lärm und Vibrationen reagierten. Vorbeugung gegen einen Maulwurf, der sich durch das gut 20 Meter starke Erdreich seinen Weg bahnen müsste, um sich dann mit schwerem Gerät durch die 90 cm starke Betonummantelung samt Bewehrung zu arbeiten. In aller Ruhe wäre das nicht möglich gewesen, und die Messfühler seien sehr empfindlich gewesen. So gab es immer wieder Fehlalarm, mit dem man allerdings ernst umging und die direkt mit dem unterirdischen Sicherheitssystem verbundene Polizei anrückte. Über was die Beamten dann tatsächlich informiert wurden, bleibt nebulös. In den Vermerken der Bundesbank-Leute vor Ort – es waren drei, die zwei mal täglich auf Streife durch und um den Bunker liefen – wird um den heißen Brei geredet. Was es da wirklich zu schützen gab und den hohen Sicherheitsstandard gerechtfertigt, lässt sich nur erahnen. 

Bereits vor dem offiziellem Ende des Kalten Krieges wurde die Barschaft 1988 abgezogen. In etlichen Transporten wurde das längst nicht mehr fälschungssichere Ersatzgeld im Monopoly-Layout einer organisierten Vernichtung zugeführt. Einige Scheine haben dabei ein Eigenleben entwickelt und den Reißwolf auf wundersame Weise überlebt. Lohn der Arbeit: Heute sind sie weit mehr Wert als ihr Aufdruck es damals vorsah.

Die Deutsche Bundesbank selbst veräußerte 1994 ihre außergewöhnliche Immobilie an die Vereinigte Volksbank Cochem, die in einem Teil Schließfächer einbaute, um nach den Erfahrungen der Hochwasserkatastrophen von 1997 und 1998 das wertvolle Hab und Gut der Kundschaft sicher einzulagern. Der größere Teil des Bunkerkomplexes ist erhalten geblieben. Einzig Teile des Mobilars haben die Frankfurter Banker abgeholt, außerdem wurden die Diesel der Stromerzeugung ausgebaut.

Ein Raum ist noch immer vollständig eingerichtet, an dem das Schild „Fernsprechraum, Fernschreibraum 23.1“ klebt. Und das hat seinen Grund: Formal gehört das Zimmer dem Bundesinnenministerium, da es aus seinem Etat bestritten wurde. So findet sich hier auch der einzig im Bunker verbliebene Stuhl, um den Funkbetrieb nicht im Stehen aufrecht erhalten zu müssen.

Die Bankdirektion zieht um

In welchen Ausweichsitz die Führung der Bundesbank im Krisenfall umgezogen wäre, steht heute zweifelsfrei fest. Sie wäre nicht in Cond eingerückt. Zusammen mit einem Mitarbeiterstab war ihr ein Platz im Ausweichsitz der Verfassungsorgane, hier im Bauteil 3 (West/Ost) reserviert. In den Bauwerken 35 und 36 wies der Belegungsplan den Bankern Arbeits- und Schlafräume zu, die sich ihren Platz mit den Diensträdern der Belegschaft hätten teilen müssen. Im Notstandsfall herrschte absolutes Fahrverbot, also musste ein Ausweichparkplatz für die Zweiräder her. Mit dem Platz im westlichen Teil waren die höchsten deutschen Währungshüter allerdings nur zweite Wahl bei der Unterbringung. Die Elite wäre im Ostteil unter dem Kuxberg eingerückt. Geld – und selbst wenn es Milliarden sind – ist also wirklich nicht alles im Leben.

Für die Unterstützung bei den Recherchen geht ein herzlicher Dank an die Vereinigte Volksbank AG Cochem (hier besonders an den Vorstandsvorsitzenden Kurt Becker sowie den Leiter Marketing Gerhard Knauf) wie auch an die beteiligten Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank in Frankfurt und Wiesbaden sowie das Historische Archiv der Deutschen Bundesbank, Frankfurt a. Main.